Skip to main content

Missiven im Stadtarchiv

| Wolf Seelentag

Kanton St. Gallen verteilt Beiträge aus dem Lotteriefonds - eine erste Tranche fürs laufende Jahr hat den Kantonsrat passiert:

Das Stadtarchiv möchte in den nächsten zehn Jahren die bei ihm vorhandenen Briefe aus den Jahren 1400 bis 1650 erschliessen und allgemein zugänglich machen. Die Briefe, die von den Fachleuten «Missiven» (von lateinisch «mittere» oder «schicken») genannt werden, stammen aus jenen Gegenden und Städten, mit denen die Stadtrepublik Handel trieb.

Geschrieben wurden sie von Behörden und von Privatpersonen. Sie behandeln die unterschiedlichsten Themen und spiegeln den Alltag der Zeit, aus der sie stammen. Die Briefe sind für alle möglichen Forschungsbereiche von Interesse. Nicht nur Forschungsprojekte über Geschichte, Sprache oder Recht, sondern auch Ahnenforscher können vom Inhalt profitieren.

Tagblatt-Artikel vom 04.06.2015


Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St. Gallen:

Edition der St. Galler Missiven in Text und Bild, 1400 bis 1650 - Zusammenfassung

Editionen stellen der Geschichtswissenschaft Material zur Verfügung. Historikerinnen und Historiker können für die Zeit bis ins 14. Jahrhundert und für viele Gebiete Europas auf gedruckte und teilweise bereits digitale Editionen von Schriftstücken aus Archiven zugreifen. Für die Jahrhunderte danach bestehen hingegen nur vereinzelt Veröffentlichungen; der Grossteil des handschriftlichen Quellenmaterials in Archiven und Bibliotheken ist noch nicht ediert und daher für die Forschung nur unter erschwerten Bedingungen nutzbar.

Stadtarchiv Missiven ArchivschachtelnEine grosse, in den meisten Archiven im deutschsprachigen Raum nicht edierte Gruppe bilden die Missiven. Missiven sind adressierte und versiegelte Briefe, die vonherrschaftlichen, städtischen oder privaten Nachrichtendiensten zugestellt wurden. Absender und Empfänger konnten amtliche Stellenoder Privatpersonen sein.Diese Art der schriftlichen Kommunikation setzte im Spätmittelalter einundnahm im Laufe der Frühen Neuzeit exponentiell zu.Das Besondere an Briefen gegenüber anderen Schriftstücken wie Urkunden, Statuten und Satzungen besteht darin, dass sie einen hohen Aktualitätsbezug haben und dass zu einem Brief oft auch Antworten erhalten sind. Missiven verdichten und verbreitern zugleich das historische Informationsangebot; diese Tatsache macht sie für die Geschichtsforschung ganz besonders interessant.

Im Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St.Gallen sind für die Zeit von 1400 bis 1800 rund 30’000 Missiven – zum Teil mit Beilagen – erhalten. Dieser separat aufbewahrte Archivbestand ist von der Forschung noch kaum berücksichtigt worden. In Zusammenarbeit mit dem grössten virtuellen Urkundenportal, monasterium.net, sollen nun alle Missiven der Zeit zwischen 1400 und 1650 textkritisch ediert und zusammen mit Bildern in hochauflösender Qualität online und für alle Interessierten frei zugänglich veröffentlicht werden.

Die Integration der St.Galler Missivenedition in ein internationales Portal erhöht die Beachtung des Projektes. Diese internationale Präsenz ist insofern wichtig, als andere Archive dazu angeregt werden können, Antwortbriefe (Gegenüberlieferung) aus ihren Beständen in das Portal einzuspeisen. Die Editionsdaten werden nach den Standards der Text Encoding Initiative TEI erfasst und codiert. Durch die Verwendung des XML-basierten Editionsstandards TEI ist die Interoperabilität, Archivierbarkeit und Wiederverwendbarkeit der erfassten Daten weitmöglichst gesichert. Die TEI-Daten werden periodisch aus monasterium.net exportiert und ins Konzept integriert, welches die Ortsbürgergemeinde St.Gallen als Trägerin des Stadtarchivs zur Langzeitarchivierung von digitalen Daten entwickelt. Damit ist eine räumlich und technisch unabhängige Datensicherung an zwei verschiedenen Orten gewährleistet.

Begleitend zu dieser Text- und Bildedition wird in regelmässig angebotenen Lehrveranstaltungen der Universität Zürich das Material für Unterrichtszwecke und für Forschungen bereits während der Editionsarbeit genutzt. Ausgehend davon, dass St.Gallen seit Mitte des 15. Jahrhunderts bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges zu den führenden Textilhandelsstädten Europas gehörte, soll die Missivenedition neue Untersuchungen zur Sozial-, Wirtschafts- und Kommunikationsgeschichte anstossen. Die Verknüpfung von Textedition und Bild bietet zudem eine ausserordentlich grosse Fülle an Material für Studien zur Schrift- und Sprachentwicklung, zur Textgestaltung, zum Ausbau der schriftlichen Administration und zu vielem mehr. Dadurch, dass St.Gallen als Textil-Exportzentrum wirtschaftlich und als Reichsstadt politisch mit anderen Städten Europas in ständigem Kontakt stand, wird die St.Galler Missivenedition beste Voraussetzungen schaffen, um an diesem Fallbeispiel die internationale Vernetzung einer mittelgrossen eidgenössischen Stadt zu untersuchen. Das erlaubt generalisierende Aussagen für die Geschichtswissenschaft.

Stadtarchiv Missiven beim Scannen

Missive wird gescannt - Missiven-Scanning beim Stadtarchiv St. Gallen

Stadtarchiv Missive gescannt vom 15NOV1662
Eine gescannte Missive vom 15. November 1662 - Missive gescannt im Stadtarchiv St. Gallen

Unsere Blogbeiträge

Wir berichten zu unseren Anlässen und auch allgemein zu Themen, die im Zusammenhang mit unserer Tätigkeit stehen.

  • Wünsche nehmen wir gerne entgegen.
  • Diskussionen zu unseren Anlässen können auf Social Media Plattformen geführt werden - solche zu genealogischen Themen im Geneal-Forum.